Geteilte Zuversicht

Ein Kunstprojekt für Reinsberg

27. August bis 29. Oktober 2011

Reinsberg, Niederösterreich
Eröffnung am Samstag den 27. August 2011, um 17.30 Uhr

mit
Anna Fabricius
Michael Hieslmair / Michael Zinganel
Matthias Klos
kozek hörlonski
Antje Schiffers / Thomas Sprenger
Johanna Tinzl / Stefan Flunger
Iris Andraschek & Hubert Lobnig

Kuratiert und organisiert von Iris Andraschek und Hubert Lobnig.


Zuversicht ist ein mehrdeutiger Titel und bezieht sich auf ein spezielles Gefühl von Gegenwartswahrnehmung und Zukunftserwartung, auf den weit verbreiteten Zweifel und die große Skepsis gegenüber einer sich stets verändernden Welt. Geteilte Zuversicht steht für Schnelligkeit von nicht nachvollziehbaren gesellschaftlichen Entwicklungen, der (National) Staaten, der Wirtschaft, der Gesellschaft und aller Bedingungen, die das individuelle Leben beeinflussen: Medien, Globale Märkte, grenzfreie Wirtschafts- und Währungszonen, Osterweiterungen, Migrationsbewegungen, Wirtschaftskrisen etc.

Seit beginn der 90er Jahre engagierte sich Reinsberg im Kulturbereich im Bemühen Betriebsschließungen, Abwanderung, Eingemeindung und dem Auspendeln aus dem Dorf entgegenzuwirken und war damit erfolgreich. Trotzdem formieren sich stimmen die Reinsberg lieber als „Normalen Dorfes" sähen. Die Ursache für Wirtschaftskrisen, für Arbeitslosigkeit, für weite Arbeitswege oder globale Wirtschaftsentwicklungen wird oft bei Investitionen in Kunst/Kultur verortet obwohl dem Tourismus in Österreich (neben den Alpen) hauptsächlich kulturelles Erbe und kulturelle Neuproduktion zugrunde liegen. Die Frage von Qualität, Größe, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit stehen im Raum.
Landwirtschaft in seinen Veränderungen ist ein weiterer Anknüpfungspunkt für „Geteilte Zuversicht": Lebensmittelproduktion versus Landschaftspflege, traditionelle Ethiken versus Formularbauern (EU - Landwirtschaftsförderungen) versus alte und neue Biolandwirtschaft, ständige Neuerfindung von Betriebsschwerpunkten. Verwenden KünstlerInnen und Bauern nicht durchaus ähnliche Strategien? Ihre unterschiedlichen Blickwinkel bringen auch die Frage der
Differenz zwischen Land und Stadt und damit in Zusammenhang stehende Vorurteilsstrukturen ins Spiel. Künstlerinnen und Künstler, die womöglich gar nicht aus der Stadt kommen, jedoch in einer Stadt leben und arbeiten, werden am Land sofort als Städter eingestuft. Alleine das Autokennzeichen genügt schon um Kategorien zu schaffen.

GETEILTE ZUVERSICHT 2011 - Die Projekte

Anna Fabricius versucht mit einfachen fotofgrafischen Inszenierungen Gruppen, wie Vereine oder ähnliche Gemeinschaften aus der normalen Wahrnehmung zu lösen unter zu Hilfe Name von spielerisch motivierten Situationen der Improvisation.
http://www.fabriciusanna.com

Michael Hieslmair / Michael Zinganel dokumentieren unter dem Titel „Der Rottenfänger oder die Seebühne von Reinsberg" installativ Erzählungen und Indizien für Gruppenzugehörigkeiten, posttraditionelle Lebensstilgemeinschaften und daraus resultierende soziale Schnittmengen, gebildet aus Antworten der Reinsberger Bevölkerung zu gemeinschaftsstiftenden Ereignissen wie dem „Reinsberger Rotten-Fußball-Turnier" oder kultureller Großprojekte wie den Opernfestspielen auf der Burgruine.
http://www.hieslmair.him.at
http://www.zinganel.mur.at

Matthias Klos  konstatiert die Schwierigkeit, als Außen stehender ortsbezogen zu arbeiten. Das unauflösbare Dilemma für den Künstler: Wie auf Zusammenhänge reagieren, wissend, dass die Komplexität für jemanden, der von außen kommt, sowieso nicht zu umfassen ist?  In der Arbeit GESCHICHTEN ERZÄHLEN SICH SELBST UND MOTIVE HABEN KEIN BENEHMEN entschloss er sich, mit Gleichem im gleichen zu arbeiten - mit Ambivalenz im Dilemma. Für den Ort Reinsberg schuf Matthias Klos eine kurze Erzählung über das Wirken und die Verschränkung von Alltag, Geschichten und Kulissen, deren von ihm geahnte sichtbaren Vorder- und Rückseiten er fotografisch festhielt. Text und Fotografien fügte er in einer Kleinpublikation zusammen, die an alle Haushalte der Gemeinde verteilt wurde. Eine poetische Schenkung des Künstlers im Vertrauen darauf, über Flüchtigkeit und Weitergabe Konsistenz und Verdichtung zu erzeugen.
http://www.m-klos.com


kozek hörlonski stellen in ihrer Arbeit LGBQT die 2004 von Oliver Hangl im „Song for Reinsberg" gesungene Liedzeile „I wanna die in Reinsberg" als Wunsch an den Beginn ihrer Recherchen und entwickeln eine Installation, die sich mit Tod und Untergang, aber auch mit Unsichtbarkeiten auseinandersetzt. Eine an Hügelgräber oder Kohlenmeiler erinnernde Skulptur verweist auf ein Grabmal oder eine Kultstätte und kozek hörlonski schreiben sich sowohl künstlerisch als auch mit ihrem privaten Leben mittels einer Grabesskulptur in die Ortschaft ein.
http://www.kozek-hoerlonski.com


Antje Schiffers und Thomas Sprenger bieten seit einigen Jahren Landwirten ein Tauschgeschäft an: ein Gemälde von ihrem Hof gegen einen Film, in dem sie, die Landwirte, ihren Betrieb und ihr Leben mit diesem Betrieb filmenJetzt haben sie ein Archiv mit 24 Filmen über die europäische Landwirtschaft. In Reinsberg stehen diese Filme zur Auswahl bereit - sie handeln von zukunftsfähigen Modellen und der Suche nach einem Ausweg, von Betriebsgrößen und Mittagessen, vom Verhältnis zum Land, zu den Tieren und zur Familie, von dem, was die Bauern gern zeigen wollen und dem, was sie für gewünscht halten: „Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben"
http://www. myvillages.org
http://www.antjeschiffers.de
http://www.ichbingernebauer.eu

Johanna Tinzl und Stefan Flunger regen in ihrer Intervention „Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück" an, anstatt wie üblicher Weise den Blick nach oben auf die Kirchturmuhr zur richten, auf der Nordseite des Turmes eine Holzleiter zu installieren, die durch einen Mechanismus betrieben zu einem eigenen Zeitanzeiger generiert. Die KünstlerInnen referieren damit auf die Stellung der Kirchengemeinschaft innerhalb des Dorfes und lösen das kinetische Objekt von dem Kirchturm und platzieren es in einer Sichtachse, auf gleicher Höhe.
http://www.tinzl-flunger.net

Iris Andraschek und Hubert Lobnig entwickeln eine Schnapsbar der Dorfethik unter dem Kant'sche Leitsatz „Was soll ich tun?" - ein nach außen gestülpter white cube Im Zentrum des Dorfes und des Dorfests „Reinsberger Nächte". Während innen klarer Geist ausgeschenkt wird, offenbaren sich an den Außenseite Ergebnisse einer Umfrage, die die Regeln des sozialen Lebens abfragt und als Diskussion von Handlungsanweisungen dienen soll. Nach Beendigung der Reinsberger Nächte wird der Kubus sich aus der Festarchitektur lösen und als temporäre, gesetzgebende Instanz im Ort zur Verfügung stehen.
http://www.hubertlobnig.com
http://www.dermusereichts.at

Geteilte Zuversicht ist zu sehen von 28. August bis zur Präsentation der Publikation sowie der filmischen Dokumentation von Maria Stipsicz am Samstag den 29 Oktober 2011, 16:00 Uhr im Gasthaus Stadler.

29. Oktober 2011
Die Ausstellung von Antje Schiffers und Thomas Sprenger und das Wandbild von Anna Fabricius im Kaufhaus Gruber ist jeweils Samstag von 15.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.


Shuttlebus von Wien nach Reinsberg: ab Wien,
Universität, Grillparzerstraße / Ecke Rathauspark,
Unkostenbeitrag: 5 EUR. Abfahrt: 15.30 Uhr,
Rückfahrt: ca. 21.00 Uhr / Um Anmeldung bis 25. August
wird gebeten unter (0)2742 9005 16273.

Foto: Copyright Matthias Klos; Hubert Lobnig