Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie
Österreichisches Museum für Volkskunde, 30.03.2014-30.11.2014
Die
Fotosammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde enthält
Tausende dieser typisierenden Menschendarstellungen. Diese Fotografien
fanden weite Verbreitung in der Bevölkerung und bei Touristen_innen. Sie
gaben einem die Möglichkeit an die Hand, sich die „Anderen“ im Bild
vorzustellen. So konnte sich beispielsweise eine Wiener_in vermeintlich
ein Bild davon machen, wie jemand in Sarajewo aussah, ohne jemals dort
gewesen zu sein. Die Ausstellung untersucht, wie diese Bildproduktionen
ihre Wirkung vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen
Formierung der Nationalitäten in der Habsburgermonarchie entfalteten.
Sie möchte den Blick für eine Reflexion darüber öffnen, wie Bilder
unsere Sicht auf die Gegenwart und Vergangenheit steuern.
Die
Ausstellung wird ausschließlich mit Exponaten aus der Fotosammlung des
Volkskundemuseums bestritten, die sich damit erstmals in dieser Breite
der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Der Schwerpunkt liegt auf
inszenierten Studioporträts von regionalen „Typen“ vor allem aus
Zentral- und Osteuropa. Die Bilder fanden Eingang sowohl in private
Sammelalben wie in ethnografische und volkskundliche Publikationen.
Darüber hinaus zeigt die Schau beispielsweise die lichtbildnerischen
Ergebnisse anthropometrischer Messungen, die Reportagebilder des Wiener
Kaiserhuldigungsfestzugs von 1908, sowie Postkarten, die zeigen, dass
Typendarstellungen ein internationales Phänomen waren.
Es
soll der spezifische Zirkulationsraum dieser Bilder ebenso skizziert
werden wie die gesellschaftspolitische Rolle dieser fotografischen
Kartografie des „einfachen“ Volks. Beides hatte Teil an den
Konstruktionen des „Eigenen“ und „Anderen“ in der Habsburgermonarchie.
Die historischen Umgangsweisen mit diesen Bildern werfen aktuelle Fragen
auf, wie Bilder die Wahrnehmung der Zeit, in der man lebt, und die
kollektiven Geschichtserzählungen beeinflussen und formen. Im Besondern
will die Ausstellung die eminente Bedeutung von Bildern für Identitäts-
und Nationalitätskonstruktionen hinterfragen, und zwar nicht nur im
Sinne großer politischer Debatten, sondern auch hinsichtlich ihrer
Einschreibung in ganz alltägliche Wahrnehmungen. Bilder sind trotz ihrer
Eindrücklichkeit trügerisch und nie eindeutig.
Idee und Kurator: Herbert Justnik
Kuratorische Beratung: Matthias klos
Fotowissenschaftliche Beratung: Michael Ponstingl
Kuratorische Assistenz: Reinhold Blumauer
Kommunikations-Setting: Barbara Lipp
Recherche: Matthew Cruickshank
Assistenz: Laura Beigelböck
Ausstellungsgestaltung: Matthias Klos
Ausstellungstexte:
Veronika Floch, Herbert Justnik, Barbara Lipp, Alexander Martos, Rosemarie Pilz, Michael Ponstingl
Kommunikation und Medien: Barbara Lipp
Grafische Konzeption: PEACH Kommunikationsagentur
Vermittlungsprogramm:
Dagmar
Czak, Fabio Gianesi, Claudia Peschel-Wacha, Katharina Richter-Kovarik,
Maria Seidl, Raffaela Sulzner, Mona Waldner, Lisa Welzl